Wie sind eigentlich die Voraussetzungen im Kampf um den letzten Platz in der National League? Es lohnt sich, dieser Frage nachzugehen, um besser verstehen zu können, welches Drama sich hinter den sieben Jura-Bergen abspielt.
Der Blick auf ein nationales Ranking sagt, dass die Liga-Qualifikation schwieriger geworden ist. Dieses «Stechen» ist die Auseinandersetzung zwischen dem Letzten (Playout-Verlierer) der höchsten und dem Sieger der zweithöchsten Liga.
Bisher war es die Auseinandersetzung zwischen der nationalen Nummer 12 (Playout-Verlierer) gegen die nationale Nummer 13 (Meister Swiss League). Bei dieser Konstellation erwischte es zuletzt Langnau gegen Lausanne (2013), die Lakers gegen Langnau (2015) und Kloten gegen die Lakers (2018). 2019 verzichtete Langenthal als Meister der Swiss League auf die Liga-Qualifikation. 2020, 2021 und 2022 gab es wegen der Pandemie keine Liga-Qualifikation und keinen Absteiger aber zwei direkte Aufsteiger (Ajoie, Kloten). Deshalb haben wir jetzt 14 statt 12 Teams in der National League.
Das bedeutet, dass nun in der Liga-Qualifikation die nationale Nummer 14 (der Verlierer der Playouts) gegen die nationale Nummer 15 (den Sieger der Swiss League) um den Platz in der National League spielen. Die nationale Nummer 14 ist ganz klar schwächer als früher die nationale Nummer 12. Hingegen ist die nationale Nummer 15 als Meisterteam der zweithöchsten Liga ungefähr gleich stark wie früher die Nummer 13.
Ein ambitioniertes Team der Swiss League kann sich auf Augenhöhe mit dem schwächsten Team der National League rüsten. La Chaux-de-Fonds ist sportlich mit Lausanne, Langnau und den Lakers, den Siegern der Liga-Qualifikation und Aufsteigern von 2013, 2015 und 2018 vergleichbar. Die Liga-Qualifikation ist also unter den neuen Voraussetzungen für das Team aus der National League nicht einfacher geworden. Sondern eher schwieriger.
Die Ausländerregelung scheint gegen das Team aus der Swiss League zu sein: Vor der Pandemie spielte die höchste Liga mit vier, die Swiss League mit zwei Ausländern. In der Liga-Qualifikation waren es dann drei. Das Team aus der Swiss League musste also lediglich einen zusätzlichen Ausländer engagieren und die Mannschaft aus der National League nur einen auf die Tribüne schicken.
Nun sind in der National League sechs Ausländer erlaubt, in der Swiss League weiterhin bloss zwei und die Liga-Qualifikation wird mit vier gespielt. Das Team aus der Swiss League muss also neu zwei zusätzliche Ausländer verpflichten. Und zwar bis zum 15. Februar. Eine finanziell und sportlich enorm anspruchsvolle Investition.
Das Team aus der National League muss zwei Ausländer auf die Tribüne verbannen. Da die meisten Teams nicht sechs erstklassige Ausländer haben, fällt es nicht so sehr ins Gewicht, wenn zwei nicht mehr mitspielen dürfen. Bei Ajoie haben Verteidiger Jerome Gauthier-Leduc und Stürmer Martin Bakos lediglich die Kragenweite eines Swiss League-Ausländers. Theoretisch spricht in der Liga-Qualifikation bei der Ausländerregelung viel gegen den Meister der Swiss League und viel für den Verlierer der NL-Playouts.
Vier Teams kamen für die Liga-Qualifikation infrage: Langnau und Ajoie aus der National League, La Chaux-de-Fonds und Olten als Finalisten der Swiss League. Wenn wir die Ausländer und die Torhüter weglassen, haben wir vier praktisch gleich starke Teams. Also entscheiden die Ausländer und die Torhüter. Langnau hatte die mit Abstand besten Ausländer und mit Luca Boltshauser den besten Goalie. Also haben sich die Emmentaler gegen Ajoie vorzeitig gerettet.
La Chaux-de-Fonds kann mit Victor Östlund auf den zweitbesten Goalie zählen. Er steht mindestens auf Augenhöhe mit Ajoies Tim Wolf und Damiano Ciaccio. Ajoie hat nach Langnau die besten Ausländer. Die vier Titanen (Devos, Hazen, Gauthier, Brennan) sind, wenn sie gesund bleiben und ihr bestes Hockey spielen, so gut, dass sie die Liga-Qualifikation im Alleingang entscheiden können.
Ajoies Cheftrainer und Sportchef Julien Vauclair hatte richtigerweise alles auf eine Karte gesetzt und versucht, sich gegen Langnau vorzeitig zu retten. Dabei ist er dramatisch gescheitert und nun sitzt er in der Falle. Weil Langnau den besseren Goalie und die besseren Ausländer hatte. Und mit Thierry Paterlini wohl auch den besseren Trainer.
Julien Vauclair musste – auch wegen der Verlängerungen – in den Playouts seine sieben besten Spieler (alle sieben eingesetzten Ausländer) extrem, mit mehr als 20 Minuten Eiszeit belasten. Verteidiger T.J. Brennan sogar mit über 30 Minuten. Der Preis dafür ist hoch: Drei seiner Schlüsselspieler (Frédéric Gauthier, Philip-Michaël Devos und Jonathan Hazen) sind nicht mehr dazu in der Lage, ihr bestes Hockey zu spielen. Jonathan Hazen, sein bester Einzelspieler, ist im ersten Spiel gegen La Chaux-de-Fonds bei einem fürchterlichen, aber regulären Check so sehr durchgeschüttelt worden, dass die Saison für ihn zu Ende ist.
Im Laufe der Playoffs hat La Chaux-de-Fonds Cheftrainer Louis Matte hingegen nur einen einzigen Spieler (Verteidiger Giancarlo Chanton) mit mehr als 20 Minuten Eiszeit belastet und seine Ausländer sind in besserer Verfassung als jene von Ajoie. Der Energiehaushalt beim Herausforderer La Chaux-de-Fonds dürfte besser sein. Das ist die Falle, in die Julien Vauclair geraten ist.
Ajoie ist nun akut abstiegsgefährdet. Wenn Liga-Direktor Denis Vaucher gegenüber dem Online-Portal «Lematin.ch» sagt, es wäre nicht gut, wenn Ajoie absteigen würde («Ce ne serait pas bien si Ajoie venait à descendre»), dann hat er recht: Ajoie hat die im Quadrat bessere Infrastruktur und eine ungleich breitere wirtschaftliche Basis: Ajoie kann für seine erste Mannschaft fast acht Millionen ausgeben. Doppelt so viel wie La Chaux-de-Fonds.
Ja, La Chaux-de-Fonds hätte allein aufgrund seiner ungenügenden Infrastruktur die Aufstiegsbewilligung nicht erteilt werden dürfen. Die Aufstiegsbewilligung ist dem verbandspolitischen Artenschutz des welschen Hockeys geschuldet: Ein Team aus der Deutschschweiz hätte bei gleichen Voraussetzungen die Aufstiegsbewilligung nie bekommen.
Wird nun in den Kulissen alles unternommen, um den Aufstieg von La Chaux-de-Fonds zu verhindern, weil die National League lieber Ajoie oben hat? Nein, es gibt keine Verschwörungstheorie. Wir können zu hundert Prozent von einer fairen sportlichen Ausmarchung auf dem Eis ohne politische Einflussnahme ausgehen. Zum ersten Mal sind die National League und Swiss League diese Saison voneinander getrennte Organisationen: Die National League ist eine selbständige Aktiengesellschaft, die Swiss League gehört nach wie vor zum Verband.
Direktor Denis Vaucher vertritt also die legitimen Interessen der National League, wenn er sagt, er hätte lieber Ajoie oben. Aber er kann rein gar nichts gegen La Chaux-de-Fonds tun: Es gibt eine funktionierende Gewaltentrennung. Die Schiedsrichter unterstehen dem Verband, also der gleichen Organisation wie La Chaux-de-Fonds. Wenn schon eine Verschwörungstheorie, dann eher eine Zulasten von Ajoie: Die Schiedsrichter, vom Verband ausgebildet und aufgeboten, pfeifen für das Team, das zum Verband gehört. Für La Chaux-de-Fonds also. Was aber so nicht der Fall ist.
Von zentraler Bedeutung ist schliesslich und endlich die Verfassung der Teams. Beide haben bis zur Liga-Qualifikation im Jahr 2023 – Playoffs/Playouts inklusive insgesamt 25 Partien bestritten. La Chaux-de-Fonds hat 23 davon gewonnen. Ajoie lediglich 11.
La Chaux-de-Fonds ist ein Siegerteam. Ajoie ist ein Verliererteam, das in die Abstiegsfalle geraten ist. Noch bleibt für Ajoie genug Zeit, um sich im Interesse unseres Profihockeys aus dieser Falle zu befreien.
Ja das Stadion ist etwa so alt und in gleichem Zustand wie die Postfinance Arena aber sonst spricht nicht viel gegen den HCC.
Ein Ligaverantwortlicher sollte besser keine Präferenz abgeben.